von der Jungen Freiheit rezensiert



Fackeln in der Dämmerung
Zur Freiheit, zur Sonne. Die streitbare Autorin Tanja Krienen dokumentiert in einem Essayband ihren langen Marsch zum Antitotalitarismus. Von Marc Zoellner Tanja Krienen ist nicht mehr nur ein Name. Im Kreise des nonkonformen Journalismus gilt er schlichthin bereits als Institution. Seit den frühen Achtzigern des vergangenen Jahrhunderts bemüht sie redlich ihre Schreibfeder, beliefert im Akkord die Redaktionen der deutschen Medienlandschaft; angefangen bei der linksalternativen taz über libertäre Magazine wie dem eigentümlich frei bis hin zum konservativen Preußischen Anzeiger. Die Wahl der Themen glich dabei seit je dem wechselvollen Kurs ihrer eigenen Vita. Als Punk trat sie in Jugendjahren erstmalig öffentlich in Erscheinung auf, als Anarcho-Trotzkistin, welche die aufkommende Neue Deutsche Welle gegen Faschismusvorwürfe ihrer eigenen Genossen verteidigte und letztere wiederum nach fünfjähriger Mitgliedschaft in der Deutschen Kommunistischen Partei aufgrund deren Verherrlichung der inneren Zustände der DDR-Diktatur den Rücken kehrte. Wolf Biermann stand ihr schließlich nahe; der Vertriebene, der - wie sie – scheinbar keine politische Heimat finden konnte. Seine erzwungene Emigration war fortan Bestandteil unzähliger von Krienens Kolumnen, seine Ausbürgerung Titel einer bei Ullstein publizierten Essaysammlung, zu welcher auch Krienen Texte beitrug. Ein Mutualismus zu beidseitigem Vorteil: Denn neben linken und liberalen Koryphäen wie Wagenknecht, Röhl und Broder waren es auch Biermanns Beiträge, die Krienens Zeitschrift “Campo de Criptana” – benannt nach jenem mittelspanischen Dörfchen, vor dessen Toren der tragische Held Don Quijote sich zum Kampf gegen die Windmühlen anschickte – zu Rang und Namen verhalf. Mit “Fackeln in der Dämmerung” beliefert der frisch gegründete Romowe-Verlag, ein Derivat des PA, seine Leser nun, zwischen Buchdeckel gepresst, mit einer 376 Seiten umfassenden Sammlung von Krienens in den letzten vier Jahrzehnten verfassten Essays, Kolumnen und Kommentaren, ihrer Aphorismen und Gedichte. Im Rückblick gelesen, stellen Krienens Aufsätze dabei mehr als nur einen flüchtigen Streifzug durch die Geschichte der Republik dar. Sie gewähren auch tiefe Einblicke in ihr eigenes Leben: Ihren biografischen Sollbruch mit Kommunisten, Konservativen – der CDU – und der AfD, ihrer Abneigung totalitärer Denkweisen gegenüber, ihrem Patriotismus jenseits schwarzweißer Strukturen sowie natürlich auch der schönen, der angenehmen Seiten von Kunst, Kultur und Literatur. Krienens oftmals überschwängliche Polemik muss man dabei nicht unbedingt mögen. “Wenn einer mir sagt: Ich komme mit jedem gut aus”, gesteht sie gern selbst ein, “so läge mir schon sehr daran, ihm das Gegenteil zu beweisen.” Das meint sie durchaus ernst. Doch gerade dadurch hebt Krienen sich lesenswert ab von der grauen Masse der deutschen Publizisten. Tanja Krienen: Fackeln in der Dämmerung. Texte aus vier Jahrzehnten. Romowe, 2015, 376 Seiten, 20,95 Euro. Bei Amazon bestellen.
Weitere Meinungen

Hagen Ernst, Herausgeber: „Der Unterschied zwischen Tanja Krienen und vielen anderen politischen Beobachtern ist, dass Tanja Krienen keine Despotin ihrer Meinung ist. Trotzdem taff und kampfesgewillt ist, damit ihre Sicht der Dinge aufgezeigt werden können….Tanja Krienen muss gedruckt und gelesen werden. Über ihre Meinungen muss diskutiert werden. Und ehrlich, ganz leise, werden wir im Chor die Zeile „Es muss mehr Krienens geben“ anstimmen.“

Wolfgang Luley, Autor und Lektor: „Über Tanja Krienens Fähigkeit, als Autorin, lautet mein Urteil: Sie kann alles, außer langweilen!…Gemäß ihres Vorbildes Karl Kraus, bescheinigt sie sich „produktiven“ Hass. Weiß man, wie manche Leute mit ihr umspringen, dann versteht man ihre Einstellung. Philosophierte Nietzsche mit dem Hammer, so hämmert Tanja mit hammerharten Wortspielen. Ihre Texte erschöpfen sich aber nicht in bloßen Wortspielen, dafür hat sie dann zu viel kämpferischen Geist, der sich in wertkonservativen An- und Einsichten ausdrückt. Der Leser mag selbst entscheiden, was ihn an den Texten überzeugt und gefällt. Ich bin mir sicher, ein jeder wird fündig.“

Felix M. Kielstein: „Nur bei wenigen Diskussionspartnern habe ich mich beim Meinungsaustausch derart zum gründlichen, ja grundsätzlichen Denken veranlaßt gefühlt wie bei Tanja Krienen. Damals wie heute eine wohltuende Herausforderung für den Verstand, die meinen aufrichtigen Dank hervorbringt…. Es liegt aber in unserer Verantwortung, dem Irrsinn vermeintlicher Mehrheiten nicht nachzufolgen, sondern um die Aufrichtigkeit der eigenen Überzeugungen auch dann unverzagt zu streiten, wenn man sich als Einzelner einer Übermacht gegenübersieht. Tanja Krienen gebührt Anerkennung, den Wert dieser Kämpfe für den heutigen Leser zu verdeutlichen. Für den Einsichtnahme einer weltanschaulichen Fortentwicklung über vier Jahrzehnte und die Erkenntnis, daß Kultur nicht Verhalten, sondern Haltung bedeutet. Auf die häßliche Dreistigkeit unwidersprochener Dummheit gehen noch immer viel zu wenige „Hammerschläge“ nieder. Kampfgeist und Verstand, beides wirkt nur miteinander.“